Pro + Kontra

Unter dem Titel „Dringender Appell an die Bürgerinitiativen zur Rückkehr zur Sachlichkeit“ wischt Bürgermeister Werner Schuchmann (SPD) in den Odenwälder Nachrichten vom 30.11.2007 die Sorge der Bürgerinitiativen vor einer unkontrollierten Zunahme des Lkw-Transitverkehrs unerwidert als „unsachlich“ beiseite und erläutert statt dessen die „sachlichen“ Argumente für die Ost-Umgehung Ober-Ramstadt (K 129):

  • Sonngasse, Schulstrasse und Ammerbachstrasse sollen vom lokalen Durchgangsverkehr entlastet werden
  • Sonngasse und Schulstraße sind zur Zeit offizieller Schulweg
  • Die Ostumgehung ist eine sinnvolle Zweiterschließung für die Baugebiete „MIAG“ und „Eiche-Ost“
  • Ein Teil des lokalen bzw. regionalen Verkehrs im Ortsteil Hahn kann ebenfalls über die Ostumgehung abgewickelt werden und damit eine Teilentlastung für Hahn herstellen
  • … mit Maßnahmen in Ober-Ramstadt erst begonnen werden darf, wenn die Nord-Ostumgehung Darmstadt bereits in Bau ist, da der hier vorgestellte Vorentwurf einer Kreisstraße keinesfalls als Ersatz einer Umgehung für Darmstadt dienen soll und darf. Dies unterstützen im Übrigen auch die Verantwortlichen der Stadt Darmstadt.
  • Stimmt das?
    • Aus der Verkehrszählung 2002 (enthalten im Gutachten zur Ost-Umgehung von 2004) geht hervor, dass durch die Ammerbachstraße ca. 2.400 Fahrzeuge in 24 Stunden fahren, in der Sonngasse sind es ca. 4.000 und auf der K 129 außerhalb der Stadt 2.800. Das Verhältnis der Verkehrsdichte auf den drei Straßenabschnitten legt nahe, dass von den ca. 2,400 Fahrzeugen auf der Ammerbachstraße weniger als 800 Fahrzeuge in 24 Stunden als „lokaler Durchgangsverkehr“ eine Ost-Umgehung benutzen würden – nur wer von der B 38 auf die B 426 in Richtung Lohbergtunnel oder Darmstadt fahren will, spart mit der geplanten Ostumgehung Zeit. Die Verkehrbelastung der Ammerbachstraße ginge also um rund 1/3 auf ca. 1.600 Fahrzeuge in 24 Stunden zurück. (Das passt gut zu den Beobachtungen, die man am Bahnübergang machen kann: Bei geschlossener Schranke stauen sich dort je nach Tageszeit in fünf Minuten maximal fünf bis acht Fahrzeuge in beiden Richtungen auf.) Fazit: Diese „Entlastung“ um 800 Fahrzeuge in 24 Stunden wäre subjektiv kaum wahrnehmbar, nur aufwändig zählbar!
    • Der „Schulwegeplan“ der Hans-Gustav-Röhr-Schule sagt über Sonngasse und Schulstraße: „Sonngasse und Schulstraße haben größtenteils keinen Bürgersteig. Leider werden diese Straßen häufig als gefährlich Abkürzung benutzt. Der Weg durch das Zentrum am Alten Markt in die Prälat-Diehl-Straße und über die Treppe zur Schafgrabengasse ist sicherer.“ Dieser Schulwegeplan ist für Jedermann (also auch für den Bürgermeister) im Schulsekretariat erhältlich. Wenn der Bürgermeister um die Sicherheit der Schulkinder besorgt ist, sollte er Schilder wie „Fußweg zum Schulzentrum“ an den entsprechenden Stellen aufstellen lassen. Das wäre wesentlich wirksamer, als die geplante Ostumgehung!
    • Der Begriff „sinnvolle Zweiterschließung“ verrät eigentlich schon, um was es hier geht: Wer in den neuen Baugebieten „Eiche Ost“ und „MIAG“ wohnt, könnte für bestimmte Fahrten die Ostumgehung nutzen – leider ist sie nur für Fahrten auf die B 426 in Richtung Hahn tatsächlich eine attraktive Verbindung. Das nachstehende Bild verdeutlicht das Problem: Für alle Fahrtziele in Richtung Stadtmitte, Lohbergtunnel oder Darmstadt ist der Weg über die Alice- und Darmstädter Straße um bis zu 1,3 km kürzer!
    • Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass der Stadtteil Hahn mit seiner Lage an der B 426 überwiegend durch den Ost-West-Verkehr belastet ist. Die geplante Ostumgehung verläuft in Nord-Süd-Richtung, parallel zur B 38 und parallel zur geplanten Westumgehung von Reinheim. Bei den heutigen Verkehrs-verhältnissen würde lediglich der Lkw-Verkehr aus Ober-Ramstadt in Richtung Dieburg und Autobahn A 3 die Ostumgehung nutzen (und so Hahn entlasten), denn die L 3104 von Ober-Ramstadt nach Roßdorf ist in der Süd-Nord-Richtung für Lkw über 7,5 to gesperrt.
    • Für das Hauptverkehrsaufkommen ist und bleibt die B 426 durch Hahn die wichtigste und attraktivste Strecke. Lediglich für Fahrten aus dem Raum Dieburg zur A 5 in Pfungstadt wäre die Ostumgehung von Ober-Ramstadt eine lohnende Strecke – und das ist exakt die Transitroute von der A 3 bei Stockstadt zur A 5 bei Pfungstadt. Eine mautfreie Umfahrung des Frankfurter Kreuzes von Ost- nach Südeuropa (und zurück!).
    • Die Meinung der Verantwortlichen der Stadt Darmstadt und des Landkreises Darmstadt-Dieburg weicht leider signifikant von der Behauptung des Ober-Ramstädter Bürgermeisters ab:
    • Zitiert aus: da facto, 25. Januar 2006

      Stadt und Landkreis präsentieren gemeinsame Verkehrsstrategie:

      Nord-Ost-Umgehung Darmstadt und Ost-Umgehung Ober-Ramstadt sollen Entlastungsring bilden

      Bau- und Verkehrsdezernent Dieter Wenzel: „Verkehrspolitik macht nicht an Stadtgrenzen Halt"

      Die Wissenschaftsstadt Darmstadt und der Landkreis Darmstadt-Dieburg haben eine gemeinsame Verkehrsstrategie präsentiert, mit der sie für eine deutliche Entlastung sorgen wollen. Kern der regional vernetzten Verkehrs-Vision: Die geplante Nord-Ost-Umgehung Darmstadt und die Ost-Umgehung Ober-Ramstadt bilden eine Art Ring. Beide Projekte würden, so Darmstadts Bau- und Verkehrsdezernent Dieter Wenzel [SPD], eine deutliche Verkehrsentlastung bringen, zugleich aber die Attraktivität des Wirtschafts- und Technologiestandorts sichern.

    Präsentieren gemeinsame Verkehrsstrategie: Darmstadts Bau- und Verkehrsdezernent Dieter Wenzel und Landrat Alfred Jakoubek [SPD] (v.r.n.l.). Foto: da facto (FRE)

      Nicht zuletzt die Stadt [= DA] werde künftig davon profitieren: Die Ost-Umgehung Ober-Ramstadt ermögliche in Zukunft die südliche Umfahrung bei Eberstadt. […]